So, da sitze ich
nun in meinem Schlafzimmer und beobachte Rastaman, der mein Auto wäscht, auf
dem Monitor der Überwachungskameras, anstatt wie geplant im Fitnesscenter
outzuworken... Wie habe ich mich da schon wieder hineinmanövriert?
Wie alles anfing...
Auf meinem Balkon
sitzend, meine Zeit wie meistens morgens am Notebook mit schnöder Arbeit
vertreibend, hörte ich plötzlich ein Rufen aus meinem Vorgarten: „Good morning
Mam!“ Als ich aufblickte sah ich einen Rastaman schon etwas fortgeschrittenen
Alters, der zu mir aufblickte. „Any work for me Mam?“ fragte er und mir wurde klar,
dass es einer jener Männer war, die ihre Dienste günstig bei Privatleuten
anbieten, um über die Runden zu kommen. Im Allgemeinen sind diese sehr bemüht,
Arbeiten, welche man ihnen überträgt, auch ordentlich auszuführen. Ordentlich?
Ok, was man hier in Trinidad und Tobago halt so darunter verstehen mag...
Diese Leute haben
natürlich auch keine Möglichkeit Ihren Service mit dem anderer Länder zu
vergleichen. Flugtickets sind für die meisten Menschen hier unerschwinglich und
eine Reise in die USA oder womöglich sogar nach Europa, ein nicht zu
realisierender Traum. Schade eigentlich, jeder sollte reisen können, das bildet
und erweitert den Horizont ungemein. So einigen Mitmenschen würde das nicht
unbedingt schaden und damit meine ich nicht unbedingt die Trinbagonians...
Da ich jedoch am
nächsten Tag für vier Wochen nach Deutschland und in die Schweiz reisen wollte,
um Familie und Kunden mal wieder zu nerven, fand ich nicht, dass es Sinn
machte, Rastaman grade heute mein Auto waschen zu lassen, welches in der
halboffenen Garage sowieso wieder schmutzig würde, bis ich zurück kam. Für den
Garten sorgt ein Gärtner. So gab ich ihm ein kleines Trinkgeld und bat ihn,
doch nach meiner Rückkehr an einem Samstag wieder zu kommen. Ein sauberes Auto
schadet ja nie. Irgendwie finde ich auch, dass man Leute, die versuchen, sich
mit Aushilfsjobs über Wasser zu halten und sich für keine Arbeiten zu schade
sind, unbedingt unterstützen sollte, sofern es einem möglich ist.
Gesagt getan –
„pünktlich“, nachdem ich bereits 6 Wochen wieder hier war, stand Rastaman
erneut auf meinem Rasen – Mittwochs! Man hatte ihm unten im Supermarkt erzählt,
dass ich wieder da sei.. „Ups“, dachte ich mir, „du bist hier bekannt!“ Ein
gutes Gefühl, dass man nicht verloren gehen kann. Die wissen genau, wo man mich
beim eventuellen Verlust meines Gedächtnisses abgeben müsste... Das gibt doch
Sicherheit!
Rastaman hatte
Hunger, also bekam er zwei Sandwichs und eine Cola. Die Autowäsche versprach
ich ihm für einen der folgenden Samstage, wenn er mal wieder in der Gegend sei.
Geld gab es diesmal aber keins.
Und er war in der Gegend!
Keine Ahnung, wie
er es geschafft hatte, trotz geschlossenen Automatik-Tor, aufs Grundstück zu
gelangen aber er war da. Direkt am ersten Samstagmorgen um 7.30 Uhr stand er
auf der Matte.
Ich duschte gerade
und wollte mich danach auf den Weg zum Fitnesscenter machen, als ich ihn hörte:
„Good morning“ – „Good morning“ – „Good morning“ – bestimmt zwanzig mal rund
ums ganze Haus. Menno, das passte mir jetzt aber überhaupt nicht, ich brauchte
doch mein Auto! Was nun?
Ok, versuchen
wir’s mal mit Ignorieren, der wird sicher irgendwann aufgeben! Aber auch nach
10 Minuten hörte er nicht auf zu rufen und weckte so meinen Untermieter Felix
auf. Felix, halb verschlafen, war gerade auf dem Weg um die Türe zu öffnen, als
ich ihn gerade noch rechtzeitig am T-Shirtzipfel erwischte und zurückhalten
konnte. Ich sagte ihm, er solle Rastaman einfach erklären, dass ich nicht da
sei. Ich verschwand derweil in mein Schlafzimmer im ersten Stock und beobachtet
das Geschehen über die Überwachungskameras, aus sicherer Entfernung und fühlte
mich irgendwie wie ein Schwein! Ein grosses!
Plötzlich sah ich,
wie Felix mein Auto aus der Garage fuhr und Rastaman den Schlauch sowie den
Eimer mit dem Autoputzzeug in die Hand drückte – und ich konnte nichts dagegen unternehmen,
Mist! Dass Männer sich nicht mal an die einfachsten Anweisungen halten können,
Meeeeensch!
Und nun hocke ich
da - noch immer in meinem Schlafzimmer-Knast! Rastaman hat mit Hingabe über
einen Stunde lang mein Auto gewienert, sich danach noch in aller Ruhe sein Velo
vorgenommen und dann wurde sich noch ein entspannendes Päuschen auf meinem
Gartenstuhl gegönnt, um an der nahen Steckdose das Handy aufzuladen.
Untermieter Felix
hat heute Schule und sich deshalb bereits vor einer Weile verabschiedet. Er hat
Rastaman bezahlt bevor er ging – Ordnung muss ja sein und ausserdem lag ja praktischerweise
mein Portemonnaie in der Küche.
10 Uhr – er sitzt noch immer da draussen.
Und ich immer noch
hier drin!
Warum das Ganze?
Feigheit? Bequemlichkeit? Oder wollte ich ihn nur nicht verletzen, indem ich ihm
wieder keinen Job gab, somit mein Wort brach und mein Gesicht verlor? Ich fühle
mich wie der allerletzte A...!
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